Allessandro Barbucci / Barbara
Canepa – Die jungen Wilden aus Italien
Kongresszentrum Heinrich-Lades-Halle Erlangen, Großer
Saal
10.–13. Juni 2004
Öffnungszeiten: Do 12-19, Fr/Sa 10-19, So 10-18 Uhr
Noa verfügt über sämtliche Attribute,
die sie zu einem perfekten Objekt der Begierde machen: große, unschuldige
Augen, sinnlich-feuchte, volle Lippen, große, aufrechte Brüste,
ewig lange Beine und eine makellose Alabasterhaut. Ihre Schöpfer
sind höhere Wesen, die sie als perfekt gestylte, willenlose Sklavin
planten. Rein äußerlich erfüllt Noa ihre Aufgaben. Doch
ihre wirklichen, realen Schöpfer – Alessandro Barbucci und
Barbara Canepa – machten sie zur zentralen Figur in ihrem Kult-Comic
„Sky Doll“, in dem das manipulierbare Wesen plötzlich
eigene Pläne entwickelt und, ahnend, zu Höherem berufen zu sein,
aus den „vorgezeichneten“ Bahnen ausbricht.
Noa gehört Gott, der die Luxus-Plastik Skydoll teuer erwirbt und
sie in seiner Spaceship-Waschanlage beschäftigt. In ihrem sexy Outfit
räkelt sie sich auf den Panoramascheiben der Spaceships und gewährt
dabei Einblicke, die die Astronauten ins Schwitzen bringen. Jenseits ihres
Arbeitsorts gibt es jedoch kein wirkliches Leben für Noa. Sie ist
unfrei und den Launen ihres Chefs unterworfen. Eine dicke Schnur verbindet
sie mit Gott, der sie alle 36 Stunden mit einem Schlüssel aufzieht.
Über die Schnur, die in Noas Rücken verankert ist, bleibt sie
fest mit ihrem Herrn verbunden, bis sie durch einen Zufall in das Schiff
des äußerst netten Roy stürzt. Als sich die Luke unerwartet
schließt, reißt die Verbindung zu Gott und Noa geht mit auf
die Reise...
In der Geschichte der Noa lassen sich vielerlei Einflüsse entdecken.
Parallelen zu antiken Sagen ebenso wie Anleihen aus biblischen Geschichten
oder Werken der modernen Popkultur. Die expressive Erotik der weiblichen
Comic-Figuren erinnert an „Barbarella", die Szenerien an alte
wie neuere Science-Fiction-Film-Klassiker. Entsprungen ist Noa der Fantasie
zweier junger italienischer Zeichner-Stars, die angetreten sind, die Comic-Welt
auf den Kopf zu stellen. Im Team haben Alessandro Barbucci und Barbara
Canepa für den Disney-Konzern bereits 1997 die den Manga-Boom vorwegnehmende
Mädchen-Serie „W.I.T.C.H“ entwickelt. Mit „Skydoll“
ist ihrer Kreativ-Werkstatt endgültig der internationale Durchbruch
gelungen, der sogar den deutschen Feuilletons nicht verborgen geblieben
ist.
Alessandro Barbucci, 1973 in Genua geboren, brachte bereits mit 18 Jahren
seinen ersten Disney-Comic heraus. In den darauf folgenden Jahren zeichnete
er für Disney rund 1.200 Seiten. Parallel dazu arbeitete er an zahlreichen
Projekten der Academia Disney mit: „Disney Babies“, „Winnieh
der Puh – 3D Kurzfilm“, „Mickey or Kids-Products Guide
2000“ u.a. Außerdem arbeitet er für die Werbeagentur
Saatchi & Saatchi.
Barbara Canepa, 1969 ebenfalls in Genua geboren, studierte zunächst
Architektur und arbeitete als Werbezeichnerin. 1996 wurde sie ebenfalls
von Disney angeheuert und entwickelte in der Folgezeit Bücher, Platten
und Merchandising-Produkte für den Weltkonzern, darunter Cover und
Szenario der Erfolgsserie „Die kleine Meerjungfrau“. Gleichzeitig
wurde sie Mitglied des von dem berühmten Disney-Altmeister G. B.
Carpi geleiteten „Painting Laboratory“. Als Bildende Künstlerin
ist Barbara Canepa ebenso erfolgreich wie als Comic-Zeichnerin. Ihre Ölgemälde
wurden in mehreren Ausstellungen in Italien und in den USA gezeigt.
Mit „W.I.T.C.H.“ begann die künstlerische Ehe von Barbucci
und Canepa und gleichzeitig endete damit die Zusamenarbeit beider Künstler
mit dem Disney-Konzern. „ Wir haben W.I.T.C.H zusammen mit Elisabetta
Gnone konzipiert, der damaligen Direktorin für Mädchenpublikationen
bei Disney. Wir haben drei Jahre lang insgeheim daran gearbeitet und dann
hat sie das Projekt den großen Bossen bei Disney präsentiert.
Die meinten, dieses Projekt wäre verrückt, eine sichere Pleite,
reine Zeitverschwendung und Mangas hätten in Europa sowieso keine
Chance. Wir haben uns aber nicht beirren lassen und trotzdem noch ein
Jahr daran gearbeitet, mit winzigem Budget und ohne Publicity. Und dann
ist die Serie zu einem weltweiten Hit geworden. Die offizielle Version
von Disney ist natürlich, dass „W.I.T.C.H.“ ein Produkt
ihrer brillanten, vorausschauenden Marketing-Strategen ist. Nun, wie man
sieht, Elisabetta Gnone und wir beide arbeiten nicht mehr für Disney.“
Inspiriert durch den überwältigenden Erfolg von „W.I.T.C.H“,
das mittlerweile in 24 Ländern erscheint, in Deutschland bei Ehapa,
und als beste Publikation für Kinder und Jugendliche für den
Max und Moritz-Preis 2004 nominiert ist, entwickelten Canepa und Barbucci
das nächste Erfolgsprojekt: „Monster Allergy“. Konzipiert
als eine monatliche Serie für Jugendliche verfolgt sie – verglichen
mit „Sky Doll“ – wiederum einen ganz neuen Ansatz. Es
ist eine Heldensage, aber die Helden sind ungewöhnlich für einen
Comic. Der Held Zick ist ein kleiner Junge, der unter Allergien leidet.
Während eines Asthma-Anfalls entdeckt er, dass er Monster sehen kann.
Monster, die ein wenig an die Pokémons erinnern, dreckige Witze
erzählen und eigentlich gar nicht so monströs sind. Monster
entstehen, das vermittelt die Geschichte, eigentlich nur durch die Projektion
von Erwartungshaltungen. Die Begegnung mit den Monstern lässt Zick
und seine Freundin Helena reifen. Von einem kleinen Jungen ohne Selbstbewusstsein
zu einem Jugendlichen, der sich in seiner Haut wohlfühlt.
Ästhetisch entfernen sich Barbara Canepa und Alessandro Barbucci
in „Monster Allergy“ etwas von dem Manga-Stil, der ihre Arbeiten
für Disney geprägt hat. Die Manga-Einflüsse bleiben jedoch
nach wie vor unverkennbar, und die Farbgebung, für die Barbara Canepa
bereits mit Preisen ausgezeichnet wurde, bleibt charakteristisch. Während
Carlsen „Monster Allergy“ bereits nach drei Folgen in Deutschland
wieder eingestellt hat, ist in Italien eine Fernsehserie in Planung. Obwohl
Barbucci und Canepa bereits an zahlreichen Animationsfilmen mitgewirkt
haben und die Leitung eines High-Quality-Projekts für die GAINAX-Studios
durchaus zu den Träumen von Barbucci gehört, bleibt der Comic
doch das Lieblingsmedium: „Im Comic bin ich mein eigener Drehbuchautor,
Character-Designer, Animator und Regisseur zugleich, und ich habe immer
die Kontrolle über das Endprodukt. Barbara sieht das genauso.“
|