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Lob des Kohlenstoffs
Zeichnungen und Bildgeschichten von Anke Feuchtenberger 15. Juni bis 20. Juli Öffnungszeiten: Di–Fr 11–18, Sa/So/Feiertag 11–16 Uhr
Sonderöffnungszeiten 19. bis 22. Juni: Do 12–19, Fr/Sa 10–19, So 10–18 Uhr Kunstmuseum
Am Ende ihrer bisherigen Bahnen, wenn die Hure H den Handschuh wirft, geht sie auf einen Ball. Es ist ihr Ball, wird gesagt. „Andere Bälle gibt es nicht mehr“, lautet eine Textzeile der Autorin Katrin de Vries. Der Ball, auf den die Hure H klettert, ist ein Auge. Als sie ihm in die Pupille blickt, schaut ein Gesicht zurück. Vielleicht das eigene. Vielleicht das der Frau mit Kopftuch, die eine Computermaus bedient und womöglich die Bewegungen der Hure H steuert. Könnte diese Frau etwas mit Anke Feuchtenberger zu tun haben, der Zeichnerin, die die Hure H in Bilder gesetzt hat? Drei Bücher lang, einmal am Knochenberg der ausgestorbenen Männer vorbei, manchmal ein Kind auf dem Arm? Anke Feuchtenberger hat die Hure H in diese fremden Perspektiven gestellt, auf vereinsamte Schienen, in florales Blattwerk, vor hermetische Mauern. Katrin de Vries hat mit enigmatisch knappen Sätzen mögliche Handlungsläufe angedeutet. Doch die Geschichten von der Hure H sind stets Fragment geblieben, haben sich im Offenen verloren. Vermutlich hat sie ihre Bahnen nur im eigenen Kopf gezogen.
Die Hure H ist eine der vielen weiblichen Masken, mit denen Anke Feuchtenberger ihre Welt konstruiert. Ihre Protagonistinnen sind keine Charaktere. Sie haben kein anderes Schicksal, als mit der Künstlerin eine Bühne zwischen Traumkulissen und Realitätszitaten zu bespielen. Wobei die Traumkulissen in Feuchtenbergers Frühwerk dominanter waren. Da schien sie tatsächlich aus der Traumzeit kaum bewusster Kulturen zu berichten. Ihre Figurationen erinnerten an Sandbilder australischer Aborigines oder an afrikanische Felsmalereien. Der Betrachter wurde mit den Mythen des weiblichen Körpers konfrontiert. Auf dem Titel des Bandes „Mutterkuchen“ erstrahlt der Kosmos blau im geweiteten Geschlecht einer Frau. Die Dinge waren in Geburt oder in Verwandlung. Es schienen sich kaum feste Strukturen gebildet zu haben. Auch Feuchtenbergers Wesen befanden sich in Mutationen. Doch immer hatte die „Große Mutter des matriarchalen Denkens“ ihre fruchtbaren Hände sowie andere Körperteile im Spiel.
Die Hure H ist ein Relikt dieser Traumzeit. Sonst aber haben sich die Realitätszitate in Feuchtenbergers jüngeren Arbeiten gemehrt. Gerade ihr Buch „Die Spaziergängerin“ führt an wiedererkennbare Orte. Kennzeichnend ist womöglich die Reportage von einer Fahrt mit der Straßenbahnlinie 63 durch Berlin. Mit für sie bislang ungewöhnlichem Realismus fängt Anke Feuchtenberger die Gebäude an den Straßenrändern ein. Andere Ab-Bildungen berichten von einem Besuch beim Moskauer Staatszirkus. Sie riskieren sogar die Farbe, während Anke Feuchtenberger sonst hauptsächlich mit Blei und Kohle arbeitet. Gerade die Berliner Straßenszenen spielen mit den Beleuchtungsmöglichkeiten, die Kohleflächen erlauben. Deswegen lautet der Titel der Feuchtenberger-Ausstellung „Lob des Kohlenstoffs“. Doch auch diese Wortwahl ist keineswegs eindeutig. Denn Kohlenstoff kann sich zum Diamanten verdichten. Andererseits ist er das Verbrennungsprodukt aller Lebensprozesse. So changiert bei Feuchtenberger alles. Auf der Straßenbahnfahrt ringt sie den skizzierten Bauwerken mit Texteinblendungen historische Geheimnisse ab. Beim Zirkusbesuch entstehen durch Bildkombinationen Brüche und Spannungen. Die Welt der Anke Feuchtenberger kennt tatsächlich keinen festen Grund.
Die Künstlerin wurde 1963 in Ostberlin geboren und behauptet glaubwürdig, ihren ersten Comic hätte sie erst zwei Jahre nach dem Mauerfall in der Hand gehabt. Vielleicht drängt ihre eigene Arbeit deswegen so verhalten ins Narrative. Sie erzählt Geschichten wie mit der Stopp-Taste einer alten Filmkamera. Sie werden immer wieder angehalten, um den Augenblick auszukosten. Ihre Arbeiten wurden u. a. in Paris, Kyoto, Montreal und Helsinki ausgestellt, 2008 erhielt sie den Max und Moritz-Preis als Beste deutschsprachige Comic-Künstlerin. Seit 1997 hat sie als Professorin an der Hamburger Hochschule für Angewandte Wissenschaften im Department Design viele junge Comic-Zeichnerinnen und -Zeichner geformt und gefördert. Vielleicht weil sie all diese mit ihren Geheimnissen verführt hat.
Herbert Heinzelmann
Eintritt: 2,00 Euro
mit Salon-Ticket Eintritt frei!
Eröffnung der Ausstellung: Sonntag, 15. Juni, 11 Uhr
gemeinsam mit der Ausstellung „CCC 2014 – Cartoon, Caricature, Comic“
Empfang in der Ausstellung: Samstag, 21. Juni, 17:30 Uhr
Einführung: Brigitte Helbling
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Zeichnungen und Bildgeschichten von Anke Feuchtenberger
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